Autor Hellmut Schlingensiepen (Zweiter von links) zusammen mit (von links) Dr. Ehrenfried Lachmann (Sprecher Tutzing-Freunde) Bettina Hahn und Claudia Sörgel (beide Evangelisches Bildungswerk). (Bild: Siegfried Bühner)

Vortrag über US-Bürgerrechtsbewegung

Weil gegenwärtig Rassismus gegen „Black People“ in den USA leider wieder wächst, wird der Blick auf die US-Gesellschaft in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg erneut aktuell. Diese Zeit wird vielfach „Harlem Renaissance“ genannt und prägte in den USA nicht nur das gesellschaftliche Leben, sondern auch Musik, Literatur, Malerei und Theater. Der Autor und Filmemacher Hellmut Schlingensiepen aus Duisburg schrieb darüber das Buch „Die Harlem Renaissance – Black Lives Matter vor 100 Jahren“. In einer gemeinsamen Veranstaltung des Freundeskreises Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing und des Evangelischen Bildungswerks Oberpfalz stellte Schlingensiepen die Inhalte seines Buches vor und zitierte Passagen daraus. Aus historischen Gründen sprach er am Abend, so wie auch in seinem Buch, nicht von „Black People“, sondern von Schwarzen oder schwarzer Bevölkerung. Laut Schlingensiepen hat sich damals „ein schwarzes Selbstbewusstsein“ entwickelt, das unter anderem auch auf „im Ersten Weltkrieg kämpfende reine schwarze Bataillone“ zurückzuführen sei. Ein „Wir-Gefühl der schwarzen Bevölkerung“ sei entstanden, das auch „enorme Möglichkeiten für Schwarze in der Gesellschaft“ eröffnet habe. Im Zuge der Folgen der Wirtschaftskrise ab 1929 endete dann laut Schlingensiepen die Blütezeit der Harlem Renaissance. Ausführlich ging der Autor am Abend auch auf die Verbindung der Harlem Renaissance mit Dietrich Bonhoeffer ein. Der Theologe war von 1930 bis 1931 ein Jahr lang Stipendiat am Union Theological Seminary in New York City. Häufig hätte er dabei die von Schwarzen geleitete Abyssinian-Kirche und auch das „Black Harlem, die schwarze Metropole weltweit“ besucht. Bonhoeffer hätte erlebt, welche negativen Folgen die Weltwirtschaftskrise gerade für die arme schwarze Bevölkerung hatte. Generell habe es eine enge Verbindung zwischen Kirche und der Harlem Renaissance gegeben, betonte Schlingensiepen. Bonhoeffer sei auch mit den Künstlern der damaligen Zeit in Kontakt gekommen. In seinen Briefen hätte er berichtet, „wie furchtbar er die Behandlung der Schwarzen vor allem in den Südstaaten findet“, erläutert der Buchautor. Nie wieder hätte Bonhoeffer das „Völkische“, so wie in seinen frühen Ansprachen in den 20er Jahren, gelobt. „Vielmehr hat er sich in den USA entscheidend verändert und sich zu einem Theologen gewandelt, der sich auf die Seite der Schwachen stellt“, betonte Schlingensiepen.
der Referent des Abends Dr. Klaus-Dieter Herbst (Mitte) zusammen mit Dr. Uta Doenitz (Vertreterin des Veranstalters) und Kulturamtsleiterin der Stadt Weiden Sabine Guhl (Bild: Siegfried Bühner)

Vortrag über Erhard Weigel

Reiseführer einer virtuellen Vortragsreise ins 17. Jahrhundert im historischen Sitzungssaal des Alten Rathauses in Weiden war Dr. Klaus-Dieter Herbst aus Jena, Vorsitzender der Erhard-Weigel-Gesellschaft. Eingeladen hatte der Freundeskreis Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing zusammen mit der Stadt Weiden aus Anlass des 400.Geburtstag von Erhard Weigel. Dieser Universalgelehrte war im Vortragstitel als „Visionär zwischen Wunder und Wissen“ beschrieben worden. Die virtuelle Reise begann mit der Geburt von Erhard Weigel in der Judengasse 10 in Weiden am 16. Dezember des Jahres 1625 – mitten im Dreißigjährigen Krieg. Wegen ihres evangelisch-lutherischen Glaubens musste die Familie Weigel 1628 nach Wunsiedel flüchten und um ihre Existenz kämpfen. Frühzeitig wurden die außerordentlich überdurchschnittlichen Begabungen des jungen Erhard erkannt. Lateinschule in Wunsiedel, Gymnasium in Halle, Studium an der Universität Leipzig schufen die Voraussetzungen, dass Weigel schon mit 28 Jahren zum Professor am Lehrstuhl für Mathematik in Jena berufen wurde. Bis zu seinem Tode am 21. März 1699 hatte Weigel diesen Lehrstuhl inne. Seine vielfältigen Aktivitäten führten ihn dennoch fast durch ganz Europa. Schon während seiner Ausbildung begegnete Weigel zahlreichen damals bekannten Wissenschaftlern, die ihn fast alle inspiriert haben. Die akademische Welt des 17. Jahrhunderts war überschaubar, man kannte sich. Und es ergaben sich auch rasch Kontakte zu Fürstenhäusern, für finanzielle Unterstützung der Forschung war gesorgt. Unter diesen Rahmenbedingungen entwickelte sich Weigel zu einem Hochschullehrer und Wissenschaftler mit höchster Anerkennung. Auch war es damals noch möglich, dass ein einzelner höchstintellektueller Mensch wie Weigel, fast alle großen wissenschaftlichen Disziplinen beherrschte. In seinem Vortrag erläuterte Dr. Herbst dann diese teilweise völlig unterschiedlichen Wissenschaftsbereiche den Zuhörern anschaulich und mit zahlreichen Beispielen. So war die Mathematik für Weigel „die entscheidende Wissenschaft, um denken zu lernen und andere Wissenschaften betreiben zu können“. Selbst einen mathematischen Gottesbeweis habe Weigel aufgestellt. In der Astronomie deutete er die Erdumdrehung um die Sonne nur sehr vorsichtig an, denn das durfte damals nicht laut ausgesprochen werden. Weigel war auch der erste Wissenschaftler, der einen weltweiten Verlauf einer Sonnenfinsternis berechnet hatte. Auf der Basis seines astronomischen Wissens bemühte sich Weigel fast sein ganzes Leben lang um die Anerkennung eines einheitlichen Kalenders, der den jahrhundertelang geltenden julianischen Kalender überall ablösen sollte. „Weigel hat wesentlich dazu beigetragen, dass der Kalender vereinheitlicht wurde“ sagte Dr. Herbst. Besonders eifrig sei Weigel als Erfinder gewesen. „47 Erfindungen zum Wohle des Gemeinwesens“ zählte der Referent auf, darunter war ein funktionierender Fahrstuhl in seinem Wohnhaus in Jena. 18 Himmelsgloben habe Weigel geschaffen, auch als Vorläufer eines Planetariums. Dazu kämen naturwissenschaftliche Messinstrumente zur Ablösung „astrologischen Aberglaubens“ und für Wetteraufzeichnungen. Die Philosophie sei mit „19 logischen Schlussfolgerungen“ bereichert worden und Weigels Pädagogik zielte auf „ganzheitliche und repressionsarme Erziehung“. Und immer sei es Weigel um die Verbesserung des Allgemeinwohls gegangen, sagte Dr. Herbst.
von links: Tutzing-Sprecher Dr. Ehrenfried Lachmann, Referent Dr. Matthias Pöhlmann, VHS-Bereichsleiter Harald Krämer und Matthias Langer vom Vorstand GCJZ (Bild: Siegfried Bühner)

Vortrag über Verschwörungstheorien

Tief reichendes Expertenwissen prägte den Vortragsabend, denn selten sind so viele Fakten, einschlägige Namen und wissenschaftlich belegte Aussagen zu hören. Der Theologe und Religionspublizist Dr. Matthias Pöhlmann sprach über das Thema „ Allianz des Misstrauens. Verschwörungsglaube und Antisemitismus in den Medien“. Gemeint waren dabei nicht die öffentlich rechtlichen Medien, sondern hauptsächlich Internetmedien, Privatsender und andere Publikationen. Zu der Veranstaltung eingeladen hatte der Freundeskreis Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing zusammen mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und der Volkshochschule Weiden-Neustadt. Die Kernaussage des Vortrags lautete „Verschwörungsglaube und Esoterik bilden ein Zwillingspaar“. Der Experte stellte beide Themenfelder ausführlich vor und zeigte dann auf, wie sich diese vermischen und gegenseitig verstärken. „Esoterik wirkt als Türöffner für den Verschwörungsglauben“ sagte der Experte. Bei den Verschwörungstheorien handele es sich um eine „Allianz des Misstrauens gegen alles Herkömmliche“. Es gebe keine Abgrenzung zum Antisemitismus. Und Dr. Pöhlmann sieht in dieser Allianz auch eine Bedrohung der Demokratie. Grundsätzlich infrage gestellt werden bei den Verschwörungstheorien das öffentlich-rechtliche Rundfunkwesen und die herrschende Wissenschaft. Auch das Bildungsmonopol des Staates sowie sogenannte „Eliten der Finanz- und Pharmalobby“ stehen negativ im Visier. Verschwörungstheorien unterstellen, sagt Dr. Pöhlmann, „dass die Regierenden die Bevölkerung in Angst versetzen wollen um sie leichter manipulieren zu können“. Mächtige Drahtzieher würden im Verborgenen arbeiten um die Öffentlichkeit zu täuschen. Der Verschwörungsglaube erfülle auch „ersatzreligiöse Funktionen“ und trete in Krisenzeiten besonders stark auf. Untersuchungen zeigen laut Dr. Pöhlmann, dass Anhänger der Esoterik eine „verstärkte Offenheit für Verschwörungsmythen zeigen“. Sie beriefen sich häufig auf „höhere Erkenntnisformen oder eine Erleuchtungserfahrung oder ein Überwissen“. Deshalb seien auch Diskussionen mit rationalen Argumenten nicht zu führen. Eine „rechte Esoterik“ sei netzwerkartig verbunden mit autoritären, antiwissenschaftlichen und antidemokratischen Einstellungen. Dabei würden häufig auch Feindbilder verbreitet. Mit einer langen Reihe von Einzeldokumenten präsentierte Dr. Pöhlmann dann konkrete Belege für die Verbreitung rechter Esoterik gleichzeitig mit Verschwörungstheorien. So zeigte er Bilder der Demonstration „München steht auf“, unter anderem mit einer Russland-Flagge und Plakaten gegen „zwangsfinanziertes Fernsehen“. Erwähnt wurden die Medien Kla.TV und Kanal AUF1 sowie die QAnon-Bewegung. Der „Anastasia-Mythos“, der durch Bücher von Wladimir Megre bekannt wurde, ist vorgestellt worden. Bei ihm verbindet sich die Schaffung von naturverbundenen Familienlandsitzen mit antisemitischem und antidemokratischem Gedankengut. Und Dr. Pöhlmann nannte auch zahlreiche Namen wie Peter Fitzek, Heinrich XIII. Prinz Reuß, Jan van Helsing, Erich Hambach, Jo Conrad, Eva Hermann und Ivo Sasek, die er alle dem Umfeld von rechter Esoterik, Verschwörungsglauben oder Rechtsextremismus zuordnete. Um der weiteren Verbreitung deren Gedankenguts entgegenzuwirken, empfahl Dr. Pöhlmann dringend zusätzliche Maßnahmen zur Stärkung der Demokratie.
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Kulturreise der Tutzing-Freunde

Es war wie in einem Film, der erst am Ausgang des Kinos endet. Und der Filmtitel hieß „Unterwegs auf der Verbotenen Straße nach Böhmen“. Tatsächlich war es eine Reise mit dem hoch anerkannten Experten für die Geschichte Böhmens und der Oberpfalz, Rainer Christoph. Er führte die Reisegruppe des örtlichen Freundeskreises Tutzing entlang der Verbotenen Straße zu drei bekannten Kulturdenkmälern Böhmens. Schon bei der Anreise auf den Landstraßen entlang der ehemaligen „Verbotenen Straße nach Böhmen“ werden Handelswege und Handelsleben zwischen dem 12. und dem 19. Jahrhundert wieder lebendig. Diese Straße führte damals von Hirschau nach Kladrau in Westböhmen. Täglich seien im 15. Jahrhundert bis zu 685 Fuhren, vor allem mit dem in den Oberpfälzer Hammerwerken produzierten Eisen, gefahren. Und lang ist die Liste großer Namen mit Kaisern und Königen und Feldherren, die allesamt auf der „Verbotenen Straße“ schon einmal reisten. Weil es über Jahrhunderte hinweg zu Zollstreitigkeiten kam wurde versucht, den Verkehr mit Verboten von dieser Straße wegzudrücken, erläuterte Christoph. Mit dieser historischen Straße wird auch die enge Verbindung zwischen Städten der Nordoberpfalz, wie zum Beispiel Pleystein, und Westböhmen dokumentiert. Und auf dieser Straße liegen auch zwei der drei Kulturdenkmäler, die auf der Reise besichtigt wurden. Es waren Burg und Schloss in Bor zusammen mit der Wallfahrtskirche Maria Loretto, und dann wenige Kilometer weiter das weitgehend restaurierte Benediktinerstift Kladruby/Kladrau. In Bor konnte eine weitgehend sanierte Burg samt Schloss als laut Christoph „bedeutendes Beispiel für die Entwicklung der Burgarchitektur in Böhmen“ besichtigt werden. Burgkapelle von 1496 zum Heiligen Laurentius im spätgotischen Stil, Ballsaal, Bildergalerien der letzten Eigentümer-Fürstenfamilie Löwenstein-Wertheim, der Akanthusaltar und ein 51 Meter hoher Schlossturm sind Beispiele der erlebten Kulturschätze. Die naheliegende Wallfahrtskirche Maria Loretto mit der Kopie des Gnadenbildes der Jungfrau Maria von Tschenstochau sowie die Jungfrau Maria von Klattrau konnten dort unter anderem bestaunt werden. Dann ging es zum Benediktinerstift Kladruby/Kladrau, das früher einmal laut Christoph zu den schönsten und reichsten Klöstern Westböhmens gehörte und jetzt weitgehend renoviert ist. Kloster und die riesige Klosterkirche mit seiner vielfältigen Ausstattung spiegeln die gesamte Geschichte Westböhmens vom 11. und 12. Jahrhundert bis zum 20. Jahrhundert wieder. Dazu gehörten Brände und Wiederaufbau nach dem Dreißigjährigen Krieg, Hussitenkriege, Eigentümerwechsel auf Fürstenfamilien bis hin zur Verwendung als Brauerei. Bekannte Namen wie Christoph Dientzenhofer bei den Baumeistern oder Cosmas Asam bei den Altarbildern sind zu hören. Den Abschluss der Kulturreise bildete ein Besuch der geschichtsträchtigen Stadt Stříbro mit dem sehenswerten Renaissancerathaus und seinem Barockturm. Gezeigt wurde den Besuchern auch der riesige historische Marktplatz. Und der Zweite Bürgermeister Karel Lukeš präsentierte Stadtgeschichte mit Bergbau und heutiger Wirtschaftsstruktur im historischen Trauungssaal des Rathauses. Am Ende der Kulturreise animierte Christoph mit dem Satz „Die Kulturdenkmäler liegen doch alle in unmittelbarer Nähe und können in kürzester Zeit erreicht werden“ seine Zuhörer zu ähnlichen Erkundungstouren.
Freundeskreis-Sprecher Dr. Ehrenfried Lachmann begrüßte Professor Dr. Dietrich Lemke  (Bild: Siegfried Bühner)

Vortrag Goethe und die Astronomie

Wenn ein Weltraumwissenschaftler in einem Vortrag über Goethe und dessen astronomische Arbeiten spricht, können die Zuhörer höchste Fachkompetenz erleben. So war es auch beim Vortrag „Goethe und die Astronomie“ des emeritierten Professors Dr. Dietrich Lemke aus Heidelberg. Der Freundeskreis Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing hatte zu dieser Veranstaltung eingeladen. Und die Zuhörer erlebten weniger den Dichterfürsten Goethe, sondern hautsächlich den Naturwissenschaftler Goethe. Als Universalgenie beschäftigte sich Goethe mit zahlreichen Wissenschaftsbereichen, darunter Geologie, Mineralogie, Anatomie, Botanik, Wetterkunde und Farbenlehre. Über Jahrzehnte bildete daneben die Astronomie einen Schwerpunkt in seinen wissenschaftlichen Arbeiten. „Goethe war ein Augenmensch“ beschrieb Professor Lemke den Dichter und Naturforscher und deutete damit aber auch an, dass mathematische Formeln zur Erklärung von Erscheinungen im Weltraum bei Goethe wenig Freude auslösten. Anhand einzelner Beispiele wurde im Vortrag dann belegt, dass Goethe sich fast zeitlebens gerne mit Himmelskunde befasste. Als „Liebhaberastronom“ besaß der Dichter zwei eigene Teleskope. Eines davon ist bis heute in der Historischen Sammlung in Jena zu besichtigen. „1799 beobachtete Goethe in Weimar einen Monat lang den Wechsel des Mondes“ berichtete Lemke. Seine Begeisterung darüber ist in seinem Tagebuch nachzulesen. Und er lud unter anderem auch den Dichterkollegen Friedrich Schiller auch dazu ein. „Regelmäßige Beobachtungsabende haben in Weimar stattgefunden“ hieß es im Vortrag. Dabei ging es auch darum, Erkenntnisse zu gewinnen über die Entstehung von Erde und Mond. Damals war es unter Wissenschaftlern umstritten, ob die Erdoberfläche durch Vulkanbewegungen oder durch Sedimentablagerungen entstanden sei. Goethe habe versucht, sich als Vermittler zwischen den beiden Meinungen zu betätigen, erläuterte Lemke. Und ab 1807 hätte Goethe auch regelmäßig „geognostische Vorträge“ gehalten. Dazu wären vorrangig Frauen eingeladen gewesen. Sonnen-und Mondfinsternisse, Kometen und Meteoriten und Polarlichter „lösten bei Goethe lebenslang großes Interesse aus“ stellte Lemke fest und verwies auf zahlreiche Tagebucheintragungen. Einen Höhepunkt in seiner astronomischen Arbeit erlebte Goethe im Jahre 1813 in der Beauftragung durch Herzog Carl August, in Jena eine „Herzogliche Sternwarte“ zu errichten. Vorbild sollte die Sternwarte in Gotha sein. Sie unterstand auch nach ihrer Errichtung dem Verantwortungsbereich Goethes, hatte allerdings nur zwei Mitarbeiter, sodass dort „wenig Entdeckungen möglich waren“ sagte Lemke. Vorgestellt wurde im Vortrag auch Goethes Farbenlehre, die den Schwerpunkt in der Wahrnehmung der Farben hatte. (Lemke: „Astronomen haben sich damals nicht für Farben interessiert“). Und der Referent erläuterte auch, dass Goethes astronomische Leidenschaft sich auch in seinen literarischen Werken widerspiegelt. Vielfach würden Mond und Sonne und neu entdeckte Planeten dort eine wichtige Rolle spielen, wie der „Faust“ beweise. Bis heute seien auch noch sechzig Zeichnungen von Goethe über den Mond erhalten geblieben. Und der Kleinplanet 3047, der die Sonne umkreist, erinnert auch an Goethe, denn er trägt dessen Namen.
( v. links) Kulturjournalist Stefan Voit; Bettina Hahn, Geschäftsführerin Evangelisches Bildungswerk; Autor Bernhard Setzwein und Tutzing-Freundeskreis-Sprecher Dr. Ehrenfried Lachmann  (Bild: Siegfried Bühner)

Bonhoeffer beim Freundeskreis Tutzing und dem Evangelischen Bildungswerk

Der eine hat überlebt, der andere wurde von den Nazi-Schergen in Flossenbürg ermordet. Es hätte auch umgekehrt verlaufen können, denn nur der Zufall verhinderte eine Verwechslung. Die Personen, um die es dabei ging, waren der Theologe Dietrich Bonhoeffer und Josef Müller, der Mitgründer der CSU, allgemein bekannt als der „Ochsensepp“. Im Theaterstück „Später Besuch. Dietrich Bonhoeffer revidius“ von Bernhard Setzwein unterhalten sich die beiden Widerstandskämpfer und langjährigen Mithäftlinge an einem späten Abend im Herbst 1945. Der Inhalt des Theaterstücks wurde am Abend in einer szenischen Lesung wiedergegeben. Autor Setzwein schlüpfte in die Rolle von Bonhoeffer, Kulturjournalist Stefan Voit verkörperte Josef Müller. Das dramatische Geschehen beginnt damit, dass plötzlich Bonhoeffer spät nachts als Gast in der Wohnung von Josef Müller erscheint, kurz nachdem der letzte Teilnehmer - es war der junge Franz Josef Strauß- von einer vorbereitenden Versammlung zur CSU-Parteigründung gegangen war. Im Dialog wird über die einzelnen Geschehnisse in den Haftanstalten und bei den Gefangenentransporten berichtet. Auch hat Josef Müller die Hinrichtung Bonhoeffers miterlebt. Berichte über Haft, Gefangenentransport und nationalsozialistische Verbrechen wechseln sich ab mit Diskussionen zwischen dem Ermordetem und dem Überlebendem. Viele der geschilderten Szenen belegen die enormen Grausamkeiten der Nazi-Schergen, so zum Beispiel auch Misshandlungen und Leichenverbrennung nach der Hinrichtung. Daneben werden von Bonhoeffer und Müller auch ihre persönlichen Sichtweisen des Erlebten dargestellt und Anregungen zum Nachdenken über grundsätzliche Fragen des menschlichen Lebens formuliert. „Erst der Galgen hat mir gezeigt, wie man am Leben hängt“ sagt zum Beispiel Dietrich Bonhoeffer. Er gab auch zu, nicht sofort „ich bin Bonhoeffer“ gerufen zu haben, als eine Verwechslung der beiden sich anzubahnen schien. Und Müller bekennt „ich hatte schon mit allem abgeschlossen und hätte mich auch für dich geopfert. Dann hätte mein Leben einen Sinn gehabt“. Zu hören war auch, dass Bonhoeffer sich weigerte, Selbstmord zu begehen und auch keinen Fluchtversuch beim Gefangenentransport unternahm. Das Angebot für eine Dozentenstelle in den USA lehnte er ab. „Wichtige Dinge wie Bücher und Tabak haben sie mir weggenommen, aber die Freundschaft mit Maria konnten sie mir nicht rauben“ berichtete er. Es reut ihn aber nachträglich, sich nicht so mutig wie seine Großmutter für Juden eingesetzt zu haben. Damit zeigt der Theologe auch seinen hohen moralischen Anspruch. Und Müller prognostiziert „man wird dich zum Heiligen machen“ und erzählt, dass Bonhoeffer auf dem Weg zu seiner Hinrichtung die Melodie des Liedes „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ gesummt hätte. Weil „dieses Land wieder neu aufgebaut werden muss“ wünscht Müller, dass Bonhoeffer regelmäßig zurückkomme. Doch dieser ist plötzlich wieder verschwunden, nachdem Müller an der Haustür nochmals kurz mit dem zurückkehrenden jungen Strauß gesprochen hatte. Weil die Zuhörer am Abend vom Erlebten so tief ergriffen waren unterblieben die angebotenen Nachfragen. Lang anhaltender Beifall war Lob für die beiden Darsteller.

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