Dem Obst- und Gartenbauverein Waldsassen war es gelungen Edgar Wenisch, Baumbeauftragter und ausgewiesener Baumfachmann/-gutachter, mit seinem Spezialthema „So haben Sie Bäume noch nie gesehen 2.0” als Referenten zu gewinnen.
Sein bebilderter Fachvortrag zeigte Eindrücke über Bäume und stellte Unwahrheiten richtig. Der Grundtenor von Bäumen ist „Bäume lügen nicht!”. Dies bewies er mit Bildbeispielen, die er ausführlich erläuterte. Die Bäume reden mit uns, wenn wir zuhören wollen. Anhand von Wuchsformen kann man erkennen, wann und was der Baum alleine bewältigen musste.
Hierbei ging Wenisch auch auf die verschiedenen Wachstumsarten ein. Der Geotropismus stellt das Höhenwachstum dar. Der Phototropismus den Wuchs nach unten. Unter Apikaldominanz versteht man die Unterdrückung des Seitenwachstums. Unter diesen drei Wuchsformen muss sich der Baum entscheiden und stellt somit die Weichen für seine Zukunft und Leben dar.
Anfangs ist der Konkurrenzkampf zwischen den Sämlingen. Aus Millionen Samen wird nur ein Bruchteil überleben und zu einem stattlichen Baum heranwachsen. Derjenige, der zuerst nach Oben wächst und die anderen überragt, wird überleben. Ein paar Zentimeter mehr Anfangs-Höhenwachstum entscheiden darüber, wer Chef an seinem Standort – den der Baum über die gesamte Lebensphase nicht verändern kann - sein wird und am Ende überleben wird.
Die Wurzeln bilden die Verbindung zum Untergrund. Wurzeln haben eine unwahrscheinlich große Zugkraft, die den Baum am Standort hält. Dies kann man bei Bäumen sehen, die auf Steinen, an Steinwänden, usw. wachsen. Hier bildet der Baum sogenannte Polster auf dem Hindernis und dazu Wurzeln, die den Baum direkt auf den Felsen, usw. drücken. So wird sichergestellt, dass auch dieser Baum bei Stürmen fest stehen bleibt und nicht umfallen kann.
Aber dennoch kann ein Baum brechen. Das passiert meist dann, wenn der Mensch eingreift und falsche Schnittansätze wählt. Hierbei wird i. d. R. die natürliche und altersmäßige Urform gestört, was zu einem ganz anderen und für den Baum schädliche Wuchsform führen kann.
Wenisch lockerte seinen Vortrag immer wieder mit Anekdoten aus seinen Einsätzen als Baumsachverständiger auf. Ein besonderes Erlebnis für ihn war ein Witz, den er nicht ganz folgenlos gegenüber einer älteren Dame machte. Auf die barsche Frage, was er mit einem Baum macht, gab er zurück: „Ich bereite dessen Sprengung vor!”. Nur wenige Minuten später kam die Polizei und prüfte sein Vorhaben, was er schnell erklären konnte. Auch die ältere Dame kam nicht alleine zurück. Mit Bannern „Baummörder” protestierten sie gegen die vermeintliche Sprengung des Baumes und er kam damit sogar in die Abendzeitung. Als Tüpfelchen auf dem I sollte auch noch sein Auto abgeschleppt werden. Wenisch erklärte, dass er derartige Witze nie mehr machen würde…
Wenisch hat zusammen mit seinen Mitarbeitern in seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Baumgutachter über 127.000 Bäume untersucht. Und keiner davon ist je umgefallen, wenn er diesen für gut und erhaltenswert befunden hatte. Seine Devise und die von Prof. Dr. Rollof ist die, dass man einen alten Baum durch nichts ersetzen kann. Die Sauerstoffleistung kann nicht durch kleine und meist kostengünstigere Nachpflanzungen ersetzt werden. Dazu wären unzählige Bäume von Nöten, die insgesamt einen Millionenbetrag als Ersatz kosten würden. Aber bei vielen Gemeinden ist das Fällen und Ersetzen eines Baumes beliebter, als einen alten Baum zu erhalten. Wenisch zeigte auch Gegenbeispiele. Ein alter Baum durfte weiterleben und die geplante Straße wurde um den Baum herumgeführt.
Laut Wenisch sorgen die Baumkontrolleure für die Sicherheit, wenn sie einmal jährlich die Bäume in Augenschein nehmen. So können Ursachen schon im Frühstadium festgestellt werden, die den Baum schwächen, oder gar zum Umfallen bringen. Durch Kontrollen kann ein Baumversagen ausgeschlossen werden.
Die Lebensschicht des Baumes ist das Kambium. Dieses sitzt unter der Rinde und ist ca. 1 cm dick. Es stirbt bei 46°Celsius. In den letzten Jahren hatten wir öfter Temperaturen über 40°Celsius. Wenn wir nichts gegen den Klimawandel tun und für ein Sinken der Durchschnittstemperatur sorgen, sterben unsere Bäume, weil es für sie zu heiß ist.
Während des Vortrages stellte Wenisch seine Gehölzpathogenspürhunde vor. Sein Gefährte Mäx verstarb leider 2023. Die Suche nach einem Nachfolger war für ihn mit einigen Tiefschlägen und herben Enttäuschungen verbunden. Aber es gab ein happy End! Mit Jim – den Wenisch als Terroristen bezeichnete – hat er einen würdigen Ersatz für Mäx gefunden. Jim hat alle Prüfungen mit Bravour bestanden, worauf Wenisch besonders stolz ist. Beim Vortrag zeigte sich Jim von seiner besten Seite, ließ sich streicheln, schlief und verhielt sich vorbildlichst!
Abschließend betonte Wenisch, dass Bäume keine Dreckverursacher und auch kein Müll sind. Sie erfüllen vom Sprössling bis nach ihrem Ende einen Zweck. Auch Tod sind sie noch von Bedeutung. Sie bieten auch dann noch Lebensraum für Insekten, Kriechtiere, usw. Wir können uns ein Beispiel an den Bäumen nehmen: Sie lösen alle ihre Probleme selbst!
Mit langem Applaus bedankten sich die Zuhörer bei ihm. Als kleines Geschenk erhielt Wenisch noch ein gutes Tröpfchen vom Vereinsvorsitzenden Klaus Schuster.