„Halbinsel” von Kristine Bilkau, geb. 1974, wurde eben erst mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. Bilkau zählt wie auch Anne Stern, Jahrg. 1982, „Wenn die Tage länger werden” zu den wichtigen Autorinnen der deutschen Gegenwartsliteratur. Die beiden genannten Romane werde am Dienstag, 16. Sept., 18:30 vom Literaturkreis Neunburg in der Fronfeste zur Diskussion gestellt. In „Halbinsel” fängt Bilkau mit ihrer ruhigen, lakonischen Sprache existenzielle Probleme der Zeit ein. Die Nordsee mit ihrer Wucht der Gezeiten bildet den Erzählort einer Mutter-Tochter-Beziehung, die zwischen Fürsorge, Hoffnung und Erwartung den Lesern viel Platz zum Nachdenken über das Geschehen lässt. Annette hat nach dem frühen Tod ihres Mannes, der sie immer noch betrübt, Tochter Linn allein erzogen. Nach dem Abitur ist Linn als Umweltvolontärin engagiert und voller Tatendrang in die Welt gezogen, kehrt aber bereit mit Mitte Zwanzig emotional und körperlich erschöpft ins Elternhaus zurück. Hier sind die beiden mit vielen Fragen konfrontiert. Wie weit darf mütterliche Fürsorge gehen, wo liegen die Grenzen für beide und wie sind persönliche Bedürfnisse geltend zu machen? Diese Problematiken zeigt Bilkau neben einem deutlichen Hinweis auf die Umweltschutzpraktiken auf und überlässt es allein dem Leser, sich ein Urteil zu bilden. Anne Sterns Geschichte „Wenn die Tage länger werden” beinhaltet ebenfalls die Eltern-Kind Problematik. Einmal, da Lisa, alleinerziehende Mutter, nach 6 Jahren zum ersten Mal die Sommerferien ohne ihren Sohn verbringt. Zum anderen ist ihr Mutter-Tochter Verhältnis durch das Schweigen in ihrem Elternhaus über die Vergangenheit ein Hemmnis für eine gute Beziehung untereinander. Die Suche nach einem Restaurator für ihre vom Großvater ererbte alte Geige eröffnet dann auf spannende Weise ein Tor in diese Verschwiegenheit. Zudem begegnet sie beim Geigenbauer dessen Tochter, einer Obstbäuerin mit schroffen Kanten, einer eigenen „Geschichte” - und einer begrenzten Zukunft. Dieses Treffen revidiert Lisas Sicht auf ihr persönliches Schicksal. Anne Stern pflegt einen sehr feinfühligen, fast poetischen Schreibstil, der die verschiedenen Geschichten der agierenden Personen gut miteinander verwebt, ohne ins Triviale abzufallen.