Der Ort für den Vortrag von Erhard Bühler, Präsident der Clausewitz-Gesellschaft, hätte von den beiden Weidener Rotary-Clubs nicht besser gewählt werden können: In das neue Hörsaalgebäude der OTH Amberg-Weiden in Weiden kamen rund 130 Personen aus den hiesigen Service-Clubs (auch von Lions und Inner Wheel) sowie Mitglieder der Bundeswehr, um dem ehemaligen Commander des Allied Joint Forces Command der Nato in Brunssum (Niederlande) und Rotarier zum Thema „Rückkehr des Kriegs und Abkehr Amerikas? – Handlungsmaximen deutscher Sicherheitspolitik“ zu lauschen.
In seiner beruflichen Laufbahn spielte Amberg eine große Rolle. In der ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Kaserne befindet sich seit 1995 die Hochschule, erläuterte deren Präsident Prof. Dr. Clemens Bulitta bei der Begrüßung. Das Kompetenzzentrum Bayern- Mittel- und Osteuropa (KOMO) der OTH unterstützt mit einer Spendenaktion den Wiederaufbau der Partner-Universität Saporischschja Polytechnik, die bei einem Drohnenangriff beschädigt wurde. Der Erlös des Abends soll den Rotary-Präsidenten Robert Stahl (RC Weiden) und Wolfgang Bayer (RC Weiden - Max Reger) zufolge der rotarischen Ukraine-Hilfe und dem Unterstützungsprojekt der OTH für zugutekommen. General a.D. Bühler unterhält familiäre Kontakte nach Weiden, seine Schwester Dagmar Paulus und ihr Mann Gerd leben hier – und waren an dem Abend ebenfalls mit von der Partie.
Bühler räumte gleich zu Anfang mit dem Ausspruch „Zurück zum Kalten Krieg“ auf. Die aktuelle Lage sei gefährlicher als im Kalten Krieg. Russland habe das Vertrauen zerstört – nicht erst 2022. Laut einer Analyse der Bundesregierung werde Russland in wenigen Jahren eine konkrete Bedrohung für die Nato darstellen. Deutschland müsse daher militärisch aufrüsten, um abschrecken oder reagieren zu können.
Die Vielzahl globaler Konflikte und innenpolitische Entwicklungen, wie wachsender Nationalismus, erschwerten Bündnisse. Europa habe seine militärischen Fähigkeiten vernachlässigt, könne aber gegensteuern. Bühler forderte, den „europäischen Pfeiler der NATO“ zu stärken und einen größeren Beitrag Deutschlands – auch finanziell. 3,5 Prozent des BIP seien die Mindestanforderung. Nato und EU müssten zusammenarbeiten, Einstimmigkeit überdacht und die Bundeswehr gestärkt werden.
Zur Ukraine sagte Bühler: Der Krieg könne nicht an der Front gewonnen werden. Es brauche langfristige Unterstützung, Ausbildung und weitreichende Waffen. Ziel müsse sein, russische Logistik und Depots zu zerstören. Diplomatische Lösungen seien wichtig, ebenso Sicherheitsgarantien – idealerweise ein Nato-Beitritt. Deutschland dürfe jedoch keine Kriegspartei werden.
Ein russischer Sieg würde Europa destabilisieren und direkte Bedrohungen mit sich bringen – inklusive eines möglichen Flüchtlingsstroms. Bühler sprach Klartext, wie auch in seinem MDR-Podcast „Was tun, Herr General“. Russland halte 19 Prozent der Ukraine besetzt, doch die Offensive stocke. Die Schwarzmeerflotte sei zerschlagen, wirtschaftliche Probleme seien sichtbar. Die Behauptung, Russland fühle sich durch die Nato bedroht, nannte Bühler „die Mutter aller Lügen“. 32 demokratische Staaten würden sich nie auf einen Angriffskrieg einigen.
Abschließend kritisierte er Deutschlands frühere Blauäugigkeit und mangelnde Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit. Eine schnellere Hilfe für die Ukraine wäre hilfreich gewesen. China sei keine militärische Bedrohung für die USA, wolle aber den Welthandel neu ordnen. Viele Gäste nutzten die anschließende Diskussion für Fragen.