Ob Menschenopfer auf dem Waldstein oder unterirdische Geheimgänge: Die Geschichte des Fichtelgebirgs- und Steinwaldgebietes ist voller Legenden und Rätsel. Etliche davon entschleierte der Historiker Dr. Adrian Rossner im Kemnather „Musikeum” für den Heimatkundlichen Arbeits- und Förderkreis in seiner bekannten gleichermaßen fachkundigen wie unterhaltsamen Weise – vor einem rund 100-köpfigen neugierigen Publikum.
Viele derartige Geschichtsmythen, so Rossner, gingen auf Heimatforscher zurück, die zwar in der Bevölkerung als Honoratioren großes Ansehen genossen hätten, den es aber an geschichtswissenschaftlicher Sachkunde gefehlt habe. Ein klassisches Beispiel sei die „Ostburg” auf dem Großen Waldstein: Der im 19. Jahrhundert hochangesehene Münchberger Kommunalpolitiker und Heimatforscher Ludwig Zapf habe die Ruine als umfriedete zentrale Kultstätte einer von Norden über das Elb- und Saaletal bis ins heutige Nordbayern vorgedrungenen Slavenbevölkerung fehlgedeutet. Sogar Menschenopfer habe es dort gegeben.
Inzwischen sei all dies widerlegt, hielt Rossner fest: Die slavische Urreligion habe keine Menschenopfer gekannt, die Burg sei etwa im elften Jahrhundert als Adelssitz errichtet worden: In jener hochmittelalterlichen Zeit seien im Zuge der Ansiedlung christlicher Baiern und Franken auch Klöster wie Speinshart sowie zahlreiche Höhenburgen und Turmhügel als Teil und „Machtstützen” des mittelalterlichen Herrschafts- und Sicherungsapparats entstanden.
Prinzipiell zweifelhaft seien Erzählungen über kilometerlange unterirdische Geheimgänge, die – wie man etwa in Speichersdorf erzählt – als Fluchtwege für etwaige Belagerungszeiten angelegt worden seien: „Wie fragwürdig wäre der Sinn eines unterirdischen Ganges, durch den zwar die Bevölkerung den Ort verlassen, der Feind aber auch in sie eindringen könnte?” Vermeintliche Reste solcher Fluchtwege hätten sich regelmäßig als schlichte Keller, Abwasserkanäle oder Fragmente von Bergbaustollen entpuppt.